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Meine persönliche Schatzkiste: Oder: Was bleibt, wenn sich alles verändert

Beitrag zur Blogparade von Silke Geissen


Ein Teil meiner Schätze
Ein Teil meiner Schätze

Es gibt Dinge in meinem Leben, die ich nicht im klassischen Sinne gesammelt habe – und doch sind sie heute meine wertvollsten Schätze.


Kein Gold,

keine Antiquitäten.

Sondern ein Ziegelstein aus Worpswede.

Ein abgebrochener Stempelziegel von der Universität in Halle an der Saale.

Ein paar Plastiken, die ich lange für „unbedeutend“ hielt.

Kieselsteine auf meinem Balkon.

Alltagsfragmente.


Und gleichzeitig: Zeugnisse eines inneren Weges, der lange im Verborgenen verlief.


Jahrelang durften diese Dinge nicht sichtbar sein. Nicht in unserer gemeinsamen Wohnung. Mein damaliger Partner hatte sich irgendwann entschieden, Minimalist zu sein. Alles sollte klar, ordentlich, „aufgeräumt“ wirken. Alles, was bunt war, verspielt, erinnernd – mein Stil, meine Stimme – hatte darin keinen Platz mehr. Ich habe das akzeptiert. Lange. Zu lange.


Erst als ich auszog, fand ich den Mut, all das, was ich über Jahre versteckt, verdrängt oder verpackt hatte, wieder hervorzuholen. Es war ein leiser, aber tiefgreifender Moment: als ich meine eigenen Gegenstände zum ersten Mal wieder in einer Wohnung aufstellte – meiner Wohnung. Ich hatte fast vergessen, wie sich das anfühlt: dass der Raum, in dem man lebt, auch etwas über einen selbst erzählen darf. Dass Dinge bleiben dürfen. Und Geschichten mitbringen.


Ein früherer Bruch: die Krise, die alles veränderte

Doch dieser Neuanfang hatte seine Wurzeln viel früher – im Jahr 2014. Damals geriet ich in eine existenzielle finanzielle Krise. Ich wurde über den Tisch gezogen, verlor viel. Auch mein Selbstvertrauen. Mein damaliger Partner – mit dem ich zu dem Zeitpunkt schon viele Jahre zusammen war – konnte mit dieser Situation nicht umgehen. Oder wollte es nicht. Vielleicht beides.


Statt gemeinsam durch diese Zeit zu gehen, begannen wir, getrennt zu rechnen. Und zwar im wörtlichen Sinne. Obwohl er damals das Sechsfache von dem verdiente, was ich in dieser Phase zur Verfügung hatte, wurde jede Anschaffung, jede Ausgabe, jede Investition zur Diskussion gestellt. Plötzlich war nichts mehr selbstverständlich. Plötzlich standen wir nicht mehr gemeinsam da – sondern gegenüber.


Ich habe das sechs Jahre lang mitgemacht.

Ich habe gehofft, dass sich etwas ändert.

Dass wieder Nähe entsteht.

Dass wir nicht nur im selben Haus wohnen, sondern im selben Boot sitzen.


Aber das ist nie passiert. Und irgendwann wurde mir klar: Ich lebe in einer Beziehung, in der ich allein kämpfe. Und ich bezahle den Preis – mit meiner Würde, meinem Selbstwert, meiner inneren Stimme.


Was mich daran bis heute so tief erschüttert, ist der Kontrast: In der Zeit, in der ich besser verdiente als er, war Großzügigkeit für mich selbstverständlich. Ich habe nie in Frage gestellt, ob „wir“ uns etwas leisten können – weil es immer ein Wir war. Dieses Wir zerbrach schleichend. Und ich mit ihm.


Der Wendepunkt: zurück zu mir

Diese Erfahrung hat mein Leben verändert. Und sie war der Auslöser für alles, was danach kam. In dieser tiefen Zäsur – als ich zwischen dem Gefühl des Versagens und dem Bedürfnis nach Neubeginn schwankte – entstand mein Buch: Deine Lebenssinnreise.


Ich habe mir damals nicht einfach neue Ziele gesetzt. Ich habe zum ersten Mal wirklich gefragt:


Was passt eigentlich zu mir? 


Nicht, was funktioniert.

Nicht, was von außen gut aussieht.

Sondern:

Was nährt mich?

Was gibt mir Kraft?

Was entspricht meinem inneren Kompass?


Und dann bin ich losgegangen. Ohne zu wissen, wohin. Aber mit der Gewissheit, dass ich mir selbst nicht länger aus dem Weg gehen will.


Heute arbeite ich mit Menschen, die an ähnlichen Wendepunkten stehen. Menschen, die durch Trennungen, Krankheit, Jobverlust oder stille Lebenskrisen gegangen sind. Die nicht mehr so weitermachen können wie bisher – aber noch nicht wissen, wie das Neue aussieht. Menschen, die sich wiederfinden wollen.


Nicht perfekt. Sondern echt.


Meine Schatzkiste: keine Deko – ein Denkraum

Was ich in dieser Zeit gelernt habe, ist: Manchmal sind es die kleinsten Dinge, die uns wieder mit uns selbst verbinden. Ein Stein, den man auf einer Reise aufgehoben hat. Ein kleines Kunstwerk, das man fast weggeworfen hätte. Ein Zitat, das überlebt hat, obwohl so vieles zerbrochen ist.


Diese Dinge sind keine Dekoration.

Sie sind Denkraum.

Anker.

Erinnerung an die eigene Geschichte.


Und daran, dass es trotz allem immer wieder einen Weg gibt – wenn man sich selbst wieder zuhört.


Ich glaube nicht mehr an Neuanfänge mit leerem Koffer. Ich glaube an den Mut, hineinzuschauen, was da schon lange liegt. Und zu erkennen: Das, was ich für bedeutungslos hielt, war vielleicht der Kern.


Und du?


Was liegt in deiner persönlichen Schatzkiste?Welche Erinnerungsstücke haben überlebt – und erzählen dir heute noch etwas über das, was du wirklich liebst?


Wenn du magst, schau heute Abend einmal ganz bewusst in deine Wohnung. Vielleicht findest du einen Gegenstand, den du fast vergessen hättest – und der doch dein ganzes Wesen in sich trägt.


Vielleicht legst du ihn neu in Szene. Vielleicht schreibst du ihm einen Satz. Oder du fragst dich:


Was habe ich lange versteckt – und möchte ich jetzt endlich sichtbar machen?


Denn genau da beginnt Veränderung. Und vielleicht sogar Heilung.

Stefan Krursel
Stefan Krursel

Lebe deine Leidenschaft. Denn sie kennt den Weg.

 
 
 

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